Samstag, 20. Mai 2017
Sehenswertes in Berlin
Seyran Ates, eine Frau, die ich seit Jahren bewundere, hatte einen Traum: sie wollte eine Moschee gründen, in der Frauen und Männer gleichberechtigt nebeneinander und miteinander beten würden, die für die Toleranz und Offenheit stehen würde, und die den säkularen, liberalen Muslimen einen Ort bieten würde, an dem sie die Spiritualität ihrer Religion ohne Fundamentalismus ausleben könnten.

Jetzt ist es so weit!

Am 16.06.17 wird in der Ibn Rushd-Goethe Moschee das erste Freitagsgebet gehalten. Wie die taz berichtet - von einer Imamin.

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Das ist doch mal eine gute Nachricht. Wie immer müssen die Frauen dafür sorgen, dass die Menschheit zu Verstand kommt.

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da ist was dran.....frauen sind generell offener und toleranter,und diese scheint auch dazu noch sehr mutig zu sein.....

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Eine mutige Frau
Ich wünsche Seyran Ates von ganzem Herzen, dass es ihr gelingt, mit der Moschee ein Zeichen zu setzen. Und vor allem wünsche ich ihr, dass weder eine Fatwa über sie gesprochen wird noch erneute Mordanschläge auf sie verübt werden.

Ich gehöre ja nicht gerade zu den Optimisten, aber es wäre toll, wenn es, nachdem 1933 erstmals eine Frau Rabbi wurde und 1958 die erste Pastorin ihr Amt übernahm, jetzt auch eine Ära beginnen würde, in der Frauen das Amt der Imamin ausüben.

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Mir ging ähnliches durch den Kopf, als ich die Nachricht gehört habe!

Von Seyran Ates Vorhaben, eine Tages eine liberale Moschee zu gründen, las ich vor einigen Jahren. Dass sie sich selbst zur Vorberetin weiterbilden möchte, war mir allerdings neu. Hoffentlich wird es ihr niemand übel nehmen - ihre Thesen von der sexuellen Revoluation im Islam und ihre Emanzipation stehen im klaren Gegensatz zu den Positionen konservativer Muslime, weshalb sie nicht gerade zu den Lieblingspersonen der Islamverbände gehört.

Auf jeden Fall ist ihre Moschee eine sehr positive Entwicklung! Und ich könnte mir keinen besseren Grund zum Spenden vorstellen! :-)

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Dass diese Ängste nicht unberechtigt sind, wird deutlich an der im Islam bestehenden Streitfrage, ob Frauen überhaupt laut beten dürfen oder nicht. In einem Islam-Forum wurde die Frage nach der Erlaubnis zum lauten Gebet so beantwortet: „wir dürfen den Koran rezitieren, aber nur in Gegenwart von Frauengruppen oder halt den Vater, Bruder, Ehemann, Mehrem usw. Da die Stimme der Frau mit zur Aura gehört, soll sie nicht in Gegenwart von „nicht Mehrem" rezitieren ,von daher beten wir so gut wie alle Gebete leise, aber zuhause alleine können auch laut beten“ (Mit „Mehrem“, eigentlich „Mahram“ sind nahe Verwandte gemeint). Selbst die Frage, ob Frauen in die Moschee gehen dürfen, wird in manchen Ländern in traditionellen Gemeinschaften in Frage gestellt. Seyran Ates begibt sich also auf nicht ungefährliches Terrain.

Wenn man christliche Gottesdienste besucht, fällt hingegen immer wieder die Überzahl der Frauen auf. Auch wenn es noch nicht allzu lange her ist, dass Frauen ein Pastorenamt ausüben dürfen und man in der katholischen Kirche immer noch auf weibliche Priester wartet, so gab es jedoch schon seit den Anfängen des Christentums Jüngerinnen, Nonnen, Priorinnen und Äbtissinnen, die ihre Stimme erhoben und zum Teil großen politischen Einfluss hatten (Katharina von Siena, Mechthild von Magdeburg, Mathilde II etc.)

Im Islam bestehen auch hinsichtlich der konkreten Glaubenspraxis große Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Während von einem gläubigen Muslim der regelmäßige Moscheebesuch erwartet wird, sieht man dies bei einer Muslimin durchaus lockerer, da der Schwerpunkt eines gottgefälligen Frauenlebens nicht auf Ausübung der religiösen Praxis liegt, sondern auf der Einhaltung ihrer Pflichten dem Ehemann und der Familie gegenüber.

Seyran Ates neu gegründete Moschee ist daher um ein Vielfaches revolutionärer als die Einsetzung der ersten Frau in ein Pastorenamt. Und man darf nicht vergessen: auch wenn 1958 die erste ordinierte deutsche Pastorin (erste amerikanische ordinierte Pastorin übrigens schon 1853!) mit Sicherheit auch bei sehr vielen Menschen Protest ausgelöst haben dürfte, so bestand doch niemals Gefahr für Leib und Leben. Das ist bei Seyran Ates leider nicht der Fall. Deswegen: Chapeau!

Ich persönlich sehe in der neuen Moschee nicht nur ein politisches Zeichen, sondern vor allem einen längst fälligen Gegenentwurf zur männlichen Vereinnahmung des Glaubens.

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an diesen aspekt hab ich nie gedacht....dass die frauen nicht nur als 'leiterinnen' der gemeinde nicht willkommen sind (ähnlich wie in der kath. kirche) sondern auch als teilnehmerinnen....als ich jünger war gingen vor allem frauen in die kirche-vielleicht ist unser bedürfnis nach spiritualität ausgeprägter?-für männer war es eher eine lästige sonntagspflicht-aber jetzt scheint es genau umgekehrt zusein

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Nein, umgekehrt ist es sicher nicht. Ich nahm an Himmelfahrt an einem von vier Gemeinden gestalteten Gottesdienst teil, und es waren bei weitem mehr Frauen dabei als Männer. Ein weiterer Unterschied zum Islam ist übrigens auch die Altersstruktur. Während ich vor den Moscheen in unserem Viertel meist eher junge Männer oder Männer mittleren Alters sehe, sind in den christlichen Gottesdiensten die alten Menschen in der Überzahl. Gestern wurden übrigens in einer Doku Zahlen zu Hamburgs Religionen genannt. Es gibt inzwischen in Hamburg mehr Moscheen als katholische Kirchen. Mancher mag jetzt entgegnen, dies sei nicht weiter schlimm, weil die katholische Kirche sowieso reaktionär ist. Auch wenn das so sein sollte - sie ist ganz sicher nicht reaktionärer als der Islam. Aber zurück zum Thema - ich sehe gerade deswegen einen Riesenschritt in Seyran Ates Moscheegründung. Hätte ich die Zeit, würde ich an der Eröffnung teilnehmen.

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Leider ist genau das eingetreten, was manche befürchtet haben: die liberale Berliner Moschee wird stark kritisiert. Das Wort Morddrohungen ist auch schon gefallen. Es wäre schade, wenn diese Moschee von nun an überwacht werden müsste, ähnlich wie die Toraschulen und Synagogen (auch wenn sich der ursprüngliche Grund für die Überwachung längst geändert hat):

https://www.welt.de/vermischtes/article165722820/Morddrohungen-wegen-Eroeffnung-von-liberaler-Moschee-in-Berlin.html

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Es ist zutiefst deprimierend, wie selbst die kleinsten Versuche einer Reform, grundsätzlich und zwangsläufig mit Androhung von Gewalt beantwortet werden. Und es bleibt tatsächlich nichts anderes übrig, als noch mehr Überwachung, oder haben Sie eine andere Idee? Bisher habe ich – leider – immer recht gehabt mit meinen Vorahnungen und zu dieser Ahnung gehört, dass es irgendwann bürgerkriegsähnliche Zustände geben könnte, denn die immer häufiger und immer brutaler werdenden Anschläge werden eines Tages Gegengewalt in der Bevölkerung erzeugen. Der heute verübte Anschlag auf eine Moschee ist ein Vorgeschmack darauf. Die klägliche Teilnahme an der Kölner Demo gegen islamistische Gewalt bestätigt, dass es kaum Interesse daran gibt, sich selbstkritisch mit den Ursachen des Gewaltpotentials auseinanderzusetzen und die überall und immer erfolgende Gleichsetzung von Islamkritik mit Rassismus stellt dann den endgültigen Todesstoß dar für den Versuch eines offen geführten Dialogs.

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Davon habe ich in meinem Blog auch berichtet. Davon können nicht nur Frauen und Muslime profitieren, sondern die gesamte Linke, die sich zu meinem Bedauern, häufig atheistisch gibt. Gut, dass dieser Artikel auch hier Verbreitung findet.

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Die Linke hält sich bei den Reformationsversuchen des Islam erstaunlich bedeckt und nimmt Praktiken in Schutz, die sie innerhalb des Christentums nie tolerieren würde. Ein liberaler Muslim, der in seiner Community etwas bewegen möchte, wird im linken Teil des politischen Spektrums in Deutschland leider wenig Unterstützung finden.

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vielleicht weil die Linken mit der Religion an sich praktisch abgeschlossen haben. Gilt mehr so als privates, neurotisches Hobby. Um schräge Sekten kümmert sich ja auch niemand, nicht einmal wenn Kinder dabei fast verhungern.

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Das wäre nur konsequent, wenn die Linken jede Religion als veraltete Denkweise ablehnen würden. Ich beobachte aber, dass die konservativen Muslime grundsätzlich auf ein Verständnis und Unterstützung der Linken zählen können, wenn im Namen der Kultur/Religion Rechte von Kindern oder Frauen eingeschränkt werden.

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ich finde es manchhmal befremdlich wie viel toleranz menschen die sich als links bezeichnen an den tag legen wenn es darum geht ein schulkind vom schwimmunterricht abzuhalten (obwohl wir uns eigentlich einig sind dass es im interesse der kider ist wenn sie schwinmen lernen und auch wenn sie einen normalen umgang mit dem anderen geschlecht lernen!!),das gleiche gilt für die akzeptanz von lebensmustern wie arrangierte ehe aber herzlich wenig akzeptanz für die frauen die einfach hausfrauen und mütter sein möchten usw......ich bin über die entwicklung der linken eher enttäuscht......

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„Ein ganz gefährliches Projekt“
Wenn man sich das Echo auf die Moscheengründung ansieht, kann einem buchstäglich das Blut in den Adern gefrieren:

Einfach nur ein ganz gefährliches Projekt und das muss gestoppt werden, man muss was dagegen tun.
Martin Lejeune
Lejeune (schreibt unter anderem auch in der TAZ, Neues Deutschland und Junge Welt) und hat übrigens einen Hochschulabschluss und gehört somit keineswegs zu denjenigen, auf die das ewige Argument der geringen Bildung zutrifft.

Sicher, die Kommentare von Youtube-Beitragen sind sehr oft primitiv und widerlich. Aber in Bezug auf die Beiträge über die Ibn-Rushd-Goethe Moschee wird es grauenhaft. Die Kommentare auf Facebook gehen zwar nicht ganz so in die Fäkalsprache, aber sind teilweise genauso grottendumm. Allerdings wird unbeabsichtigt etwas deutlich, was oftmals bestritten wird: das absolute Dogma des Verbots einer Reformierung. In irgendeinem der unzähligen Kommentare wurde dies auch sehr gut auf den Punkt gebracht: „Der Islam muss nicht reformiert werden, denn er stellt die reine Wahrheit dar und ist gut so wie er ist“.

https://www.youtube.com/watch?v=kPwAdOd9HEk

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Mich erschreckte die Reaktion auf die Gründung der liberalen Moschee ebenfalls. Allerdings bin ich nicht überrascht, dass sich ausgerechnet frische Konvertiten wie Martin Lejeune dadurch beleidigt fühlen. Sie sind häufig fundamentalistischer eingestellt als die "eingeborenen" Gläubigen, unabhängig der Religion. Die von Herrn Lejeune angekündigte Klage gegen die Moscheegründung stellt ihn in eine Reihe mit Salafisten und ultrakonservativen Verbänden und lässt die Frage aufkommen, ob man ihn überhaupt als Journalisten betrachten soll. Die Bezeichnung Aktivist trifft eher zu.

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habe nachrecherchiert....das ist wirklich kein seriöser journalist,gerade das was er über fie türkei schreibt(er verteidigt leidenschaftlich das autokratische regime erdogans)macht ihn sehr unglaubwürdig.....

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...und gefährlich! Er hetzt gegen Seyran Ates im Internet, und jemand liest es und schickt ihr Drohbriefe.

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Ich habe es mir eben angetan, die Kommentare auf Seyran Ates Seite nochmals durchzugehen. Neben ein paar positiven Stellungnahmen gibt es diverse, in denen darauf hingewiesen wird, dass Seyran Ates Ansatz den Islam verfremdet und somit konträr zum Koran steht. Dabei erstaunt das überall nahezu identisch formulierte Argument, dass jede Abwandlung einen Angriff auf den Islam darstellt. Aber dies ist eigentlich doch nicht so verwunderlich, denn der Koran wird nicht nur als eine Sammlung von heiligen Texten wie beispielsweise die Bibel, der Pali Kanon oder die Upanischaden angesehen, sondern als Gottes Wort in unwandelbarer und vor allem endgültiger Form. Der islamische Begriff des „Siegels des Propheten“ bringt das sehr gut auf den Punkt, denn die Verkündigungen sind im wahrsten Sinne des Wortes versiegelt und versiegeln heißt nichts anderes als unzugänglich machen. Seyran Ates hat also vor diesem Hintergrund ein Sakrileg begangen.

Ich möchte den LeserInnen dieses wichtigen Beitrags von aus-sicht-einer-frau ein paar Originalzitate aus den Facebook-Kommentaren zumuten, denn es ist wichtig zu erkennen, welches Ausmaß die Anfeindungen annehmen:

“Die Familie in der Türkei tut mir leid, sie müssen für die verwirrte Lesbe jetzt den Kopf hinhalten“
„Du hässslige fotze“
„Krankes altes hässliches dickes ARSCHLOCH“
„Sie ist eine hure die kleine schlampe und alle die denn weg mit ihr gehen möget ihr ihn der Hölle schmoren“

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wie schlimm ist das....und nur weil sie gewagt hat einen ort zu gründen an dem die rituale etwas anders sind.....

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Ich bin sprachlos. So viel Hass und Ablehnung. Und warum? Schließlich hören wir ständig, dass es "den Islam" nicht gibt. Warum soll also die Version à la Seyran Ates unislamisch sein?

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und vor allem:warum fühlt man sich bedroht durch eine minimoschee die wahrscheinlich von wenigen liberalen muslimen besucht wird?

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Oh je, hier ist was los! Sehr traurig zu hoeren was mit einer so schoenen Idee passiert :o(

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genau!!aber hoffentlich beruhigt sichh die situation und menschen,die ihren glauben friedlich,ohne politische agitation und ohne eine geschlechtertrennung ausleben möchren,werden einen ort für sich haben......

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Nein, es beruhigt sich leider nicht, es folgen auf Seyran Ates Seite weitere ebenso widerwärtige - bzw. noch widerwärtigere - Kommentare im Schlagabtausch. Ab und zu (aber eher selten) taucht mal ein deutscher Name in den Kommentaren auf, der Seyran Ates mit ein paar Worten zur Seite steht. Für mich ist das unerträglich und mir ist speiübel.

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Ich finde die Kommentare auch ziemlich schlimm. Aber hat man wirklich anderes erwartet? Diese primitiven Reaktionen waren doch vorauszusehen ... leider ... die Menschheit hat sich doch nicht geändert in den letzten Wochen.

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