Samstag, 6. Mai 2017
Nachdenken nicht verboten
Wenn sich zwei Teenager hyperventilierend und mit glänzenden Augen über einen Zeitungsartikel unterhalten, weiß man: Es muss wichtig sein.



Was ist eigentlich passiert? Ein sympathisches, hübsches Mädchen afghanischer Herkunft reist mit dem deutschen Pass in die USA und wird einige Stunden verhört, bevor es schließlich ins Land gelassen wird. Eine ziemlich langweilige Story, wenn man bedenkt, dass amerikanische Grenzbeamten weder durch ihre Höflichkeit noch lasche Arbeitsweise bekannt sind. Vor zwei Jahren ist eine junge Marburgerin direkt nach der Anreise in ein Flugzeug zurück nach Hause gesetzt worden, weil sie in einem Facebook-Chat ihrer in Cleveland wohnenden Großcousine versprochen hat, ab und zu auf die Kinder aufzupassen. Dafür hätte sie aber ein Arbeitsvisum beantragen müssen, meinten die Beamten. Schwachsinnig? Sicher. Diskriminierend? Nicht wirklich.

Nun aber sind sich alle Zeitungen von Washington Post bis Die Welt einig: Mena Ahmadi wurde Opfer von 'racial profiling'. Meine Kinder sind auch Anhänger dieser Theorie und verständlicherweise entsetzt.

Wahrscheinlich ist es angenehmer, sich an einem regnerischen Wochenende über solche Bösewichte wie Trump aufzuregen, als kritisch nachzudenken. Schade, dass die Mama so eine Spaßverderberin ist!

Erstens:

Was wurden wir bei der letzten Anreise in die USA gefragt? Genau: Was haben wir vor, wo werden wir übernachten. Es wurde auch ordentlich nachgebohrt: Welche Städte in New England möchten wir besonders sehen? Wie fahren wir dorthin? Die Grenzbeamten machen es nicht aus Neugier, sondern versuchen, schnell die Menschen zu selektieren, deren Antworten unplausibel oder lückenhaft sind.

Zweitens:

Was mussten wir bei der ESTA eintragen? Genau: unsere Staatsangehörigkeiten. Der deutsche Pass erlaubt es, unkompliziert mit der ESTA im Rahmen des Visa Waiver Program einzureisen, der polnische nicht. Viele Doppelpässler "vergessen" die zweite Staatsangehörigkeit beim Ausfüllen des Antrags, aus Sorge, dass sie möglicherweise nicht reingelassen werden. Wahrscheinlich keine gute Idee, haben wir einstimmig beschlossen.

Drittens:

Was denkt ein Grenzbeamter, dessen einziges Ziel in der Risikoschätzung anhand der spärlichen Informationen liegt, wenn eine junge Frau mit deutschem Pass ihm sagt, dass sie für die afghanische Nationalmannschaft spielt? Wahrscheinlich ist es eine Konstellation, die einen Klick in seinem Kopf auslöst, der lauter ist als die Detonation der "Mutter aller Bomben". Dass es geklärt werden muss, liegt auf der Hand. Offensichtlich wurde aber der Rest der Gruppe (d.h. afghanische Nationalspielerinnen mit afghanischem Pass) nicht festgehalten; es scheint hier also eine eher ungewöhnliche Kombination aus verschiedenen Faktoren die Rolle zu spielen, als das "racial profiling" an sich.

Viertens:

Ja, die amerikanische Visumpolitik ist alles andere als gerecht. Dieses Thema wird immer wieder in den polnischen Medien aufgegriffen, weil es unlogisch erscheint, dass polnische Bürger - im Gegensatz zu fast allen anderen EU-Ländern - ein Visum für die USA brauchen, aber gleichzeitig in allen Militäroperationen an der Seite der amerikanischen Soldaten stehen (wie z.B. 2003 im Irak - neben Australien, Spanien und Großbritannien). Dass Polen trotz dieses Engagements nie zum Ziel der Terrororganisationen wurde, liegt wahrscheinlich daran, dass kaum jemand weiß, wo es sich befindet.

Und fünftens:

Ich persönlich wäre bereit, ein paar Stunden an der Grenze verhört zu werden, wenn dadurch die Wahrscheinlichkeit steigen würde, dass gefährliche Kriminelle identifiziert werden, bevor sie ins Land kommen. Es macht mich nachdenklich, dass einige der Terroristen, die viele Unschuldige in Paris in den Tod gerissen haben, gar nicht in die USA hätten einreisen dürfen, weil sie auf der No-Fly-List standen. Die amerikanischen Behörden erledigen also zumindest einen Teil ihrer Hausaufgaben.

Mal schauen, wie meine Argumente bei der jungen Generation ankommen werden...

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das mädchen ist wirklich sehr hübsch.....hat das womöglich zum entsetzen ihres sohns beigetragen??;)))

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Sagen wir es so... Es hat nicht geschadet :-)

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na klar,schöne frau zu sein,immer von vorteil;)))

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Dafuer dass man manchmal als weniger intelligent wahrgenommen wirt, nur weil man ein suesses gesicht hat, muss es zumindest ein paar Vorteile haben :o)))

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;)

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Wie immer entschuldige ich mich aufrichtig wenn ich die Idylle störe.

Die Attentäter von Paris: Mal grob über den Daumen zusammengeschrieben.
Abdelhamid Abaaoud, belgischer Staatsangehöriger, geboren in Molenbeek-Saint-Jean.
Omar Ismaël Mostefa, in Paris geboren.
Foued Mohamed-Aggad, ist im Strassburger Viertel Meinau aufgewachsen.
Bilal Hadfi, Der 20-jährige Franzose war in Belgien wohnhaft.
Salah Abdeslam, französischer Staatsbürger in Brüssel geboren
Ibrahim Abdeslam, geboren in Unterkänten, südlich der Drau, nur a Scherz.
Chakib Akrouh, in Beglien geboren.
Helfershelfer, Hasna Aitboulahcen, französische Staatsangehörige.
Mohammed Amri, aus dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek
Hamza Attouh ebenso.
Mohamed Abrini in Brüssel geboren.

Belgien gehörte wie Frankreich zum Schengenraum. Die Grenze zwischen North Carolina und South Carolina wird ja in der Regel auch nicht von Grenzschützern bewacht. Vielleicht bringt es wirklich was wenn die Grenzer in Mexiko, eine sagen wir aus Polen stammenden Dame und Frauenärztin in den mittleren Jahren, mal ein paar Stunden schärfer verhören.
Vielleicht gestehen sie dann ein Steuervergehen oder einen schwungvollen Handel mit Oxycodon, Natürlich unterstelle ich ihnen weder ein Steuervergehen noch einen Handel mit Oxys.
Um bei ihrem Beispiel zu bleiben dass die Attentäter von Paris nicht in die USA hätten einreisen durften. Ich befürchte sie machen da gerade Äpfel und Birnen. Die Attentäter von Paris haben ja in Europa einen Terroranschlag verübt und nicht in den USA. Die hätten auch auf einer No Fly Liste für Afghanistan stehen können oder Polen. Ihrer Logik folgend hätte man die Attentäter schon vor dem Attentat, also im Zustand der Nicht-Tat überführen müssen. Aber das geht in einem Rechtsstaat nicht. Noch nicht. Die Polizei hatte die Attentäter von Paris offensichtlich nicht auf dem Schirm, also keinen konkreten Tat-Verdacht dass sie was planten. Warum die Polizei Belgien und Frankreich da nicht näher dran waren an den Tätern kann man nur spekulieren. Genau genommen war das Attentat nicht zu verhindern. Das Attentat von Berlin hingegen schon. Da haben die Behörden ganz klar versagt. Der Attentäter stand zur Abschiebung an, weil er sich illegal oder zu Unrecht in Deutschland/Europa aufhielt. Eben das war bei den Attentätern von Paris nicht der Fall. Die müsste man ja vor der Tat ausbürgern. Ihre oder meine Freiheit aufzugeben klingt verlocken, wird aber nix bringen. Mich zu verhören bringt auch nix. Ich gestehe in meinem Blog eh schon alle Verfehlungen die mir in den Sinn kommen. Auch jene die ich mir nur einbilde. Im Übrigen. Jeder kann in ein Auto/LKW steigen und durch eine Fußgängerzone brettern. Nicht einmal Israel, das ganz gezielt und andauernd "race profiling" einsetzt, ist in der Lage den Terror völlig zu unterbinden. Letzens erdolchte ein Palästinenser eine britische Staatsbürgerin. Wo bitte liegt das der Sinn? Und Israel +Westjordanland + Gazastreifen ist a bisserl leichter zu überblicken als Europa. Um halbwegs sicher zu sein, musste sich Israel im Grunde einmauern. Was bringt es wenn Israel alle Menschen mit palästinensischen Wurzeln auf eine No Fly liste setzt. Ich kenne einen ganz gut. Der ist Österreicher, aber die Eltern sind Palästinenser und leben in Ost-Jerusalem. Der ist Zahnarzt. Fragen sie nicht wie der über Israel denkt. Sollen ihn die österreichischen Behörden jetzt das bohren verbieten oder in jeden zweiten Tag verhören ob es eh bei Wurzelbehandlungen nicht zu hart ran geht.

Wenn man jetzt sagt Muslime sollte man genauer unter die Lupe nehmen weil die Täter bis jetzt zu einem hohen %-Anteil sich als Muslime ausgaben. In Europa leben über 16 Millionen Muslime. Race Profiling bei 16 Millionen ist nicht möglich. So ein großes KZ musste mal hinstellen. 16 Millionen Muslime ausbürgern auch schwer vorstellbar. Aber was weiß man. Die Polizei kann im Grund nur an die Idioten ran, Salafisten vielleicht wie in meinem Salafistentreff. Nicht die Hellsten mit sehr viel Hormon.

Wie sagte einst der größten Amerikaner Benjamin Franklin. „„Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“

Anhang. Beim Terroranschlag in Stockholm war auch ein elfjähriges Mädchen unter den Opfern. Weil das Mädchen gehörlos war, hörte sie den heranbrausenden LKW nicht, in dem ein Usbeke saß, der selber Familienvater war. Das negative Potenzial der Menschen lässt sich durch Kultur und Wohlstand vielleicht a bisserl eindämmen. Verhindern lässt es sich nicht.

Negatives Potential: Die Rüstungsausgaben sind 2016 weltweit im zweiten Jahr in Folge gestiegen. Insgesamt erreichten die Verkäufe im vergangenen Jahr ein Volumen von etwa 1,572 Billionen Euro, teilte das das internationale Friedensforschungsinstitut Sipri mit.

Schönens Wochenende wünsch ich. Und bitte keine pauschal-Kritik.

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Herr Imperialist, ich bin begeistert von Ihrem Kommentar. Oder ist das zu pauschal? ;-)

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das wird ja spannend.ich frage mich auch ob die behörden in frankreich/belgien die attentäter genau so auf dem schirm hatten,wie die amerikaner.es ging wohl nicht nur um die no fly,auf der man witzigerweise ab und zu durch zufall landet,sondern um die terroristenliste in der zb beide brüder kouachi geführt wurden.stellt sich schon die frage ob man die beiden nicht als gefährder hätte einstufen müssen.nicht um die beiden auszubürgern,sondern zu überwachen.oder unterstellen sie den euroäischen geheimdiensten,dass sie weniger aufpassen als die usa?

"Aber das geht in einem Rechtsstaat nicht. Noch nicht."

übrigens,gefährderüberwachung ist genau das,was sie meinen,herr imperialist,nämlich eine art "überführung vor der tat".....ist ein gängiges instrument in unserem liberalen und freiheitsliebenden deutschland.....

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@aus-sicht-einer-frau: das genau ist das Paradoxe – wenn Attentate passieren, wird empört aufgeschrien, wieso beim Registrieren der Daten so geschlampt wurde, dass der Attentäter nicht erfasst wurde. Genauso empört wird jedoch auch aufgeschrien, wenn die Überprüfungen bei aus arabischen, asiatischen oder afrikanischen Kulturkreisen stammenden Menschen besonders genau und zeitaufwendig durchgeführt werden. Da kommt dann wieder der Generalvorwurf des Rassismus.

Ich habe übrigens auch schon die Erfahrung einer zeitaufwendigeren Grenzkontrolle gemacht. Nicht wegen meines Namens – Behrens ist genauso urdeutsch wie Meier, Schmidt oder Hinterhuber – aber mein Lebensgefährte hat einen äußerst typisch arabischen Nachnamen. Und da mein Lebensgefährte sehr leicht an die Decke geht, habe ich dann die Schlichterrolle und ich versuche ihm dann klarzumachen, dass Sicherheit seinen Preis hat, was er dann letztendlich auch (wenn auch zähneknirschend) so sieht.

Nur mal so: im tunesischen Flughafen wurde mein Lebensgefährte bei der Passkontrolle gefragt: „Êtes-vous juif?“ – „Sind Sie Jude?“ (Ich hoffe, es gibt jetzt keine Kommentare, die mich darüber belehren, wie Israel die Palästinenser behandelt. Das weiß auch mein Lebensgefährte sehr genau, aber deswegen ist eine derartige Frage trotzdem widerwärtig).

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Natürlich ist es nicht angenehm, bei der Grenzkontrolle länger verhört zu werden. Es sind aber bei weitem nicht nur Menschen aus den muslimischen Ländern, die solche Erfahrungen machen. Gerade bei der Anreise in die USA ist es mir früher ab und zu passiert, dass ich besonders unter die Lupe genommen wurde, weil die rein statistische Wahrscheinlichkeit, dass ein Pole nach dem Ablauf seines Visums in den Staaten illegal bleibt, höher ist als beispielsweise im Falle eines Slowaken. Trotzdem sind mir Schlagzeilen wie "Polnische Medizinstudentin diskriminiert bei der Einreise" erspart geblieben.

Mehr als 3% der Visumanträge aus Polen werden nicht genehmigt - diese 3% sind eine magische Grenze, die erfüllt sein muss, bevor ein Land zum Visa Waiver Program zugelassen wird. Deswegen darf jeder Pole erst mal ein Visum beantragen, bevor er in die Staaten reist - erfreulicherweise hat die amerikanische Botschaft in Warschau endlich eine Festnetznummer statt einer teuren 0700-Nummer (> 1 Euro pro Minute), über die die Bearbeitung der Anträge früher finanziert wurde. Eigentlich keine schlechte Idee - auch wenn jede Person nur eine Minute lang mit dieser Nummer telefonierte, verdiente die Botschaft über 200 000 Euro jährlich (ohne das Telefonat war eine Terminvereinbarung nicht möglich). Nicht geändert hat sich die Antragsgebühr von ca. 160 US-Dollar - zum Vergleich: die Kosten der ESTA belaufen sich derzeit auf 14 Dollar.

Trotzdem würde ich nie auf die Idee kommen, rumzujammern, dass Polen diskriminiert werden oder dass es gar einen rassistischen Hintergrund hat. Bedanken kann ich mich schließlich bei meinen Landsmännern, die illegal in den USA arbeiten, und die der einzige Grund sind, weswegen die anderen, die keine bösen Absichten haben, eine im Schnitt dreimonatige Vorbereitung vor einem kurzen Ausflug nach New York in Kauf nehmen müssen.

Aus der Geschichte von Mena Ahmadi einen racial profiling-Fall zu machen, ist in meinen Augen lächerlich. Die Welt spricht sogar im Interview mit ihr von einer Tortur.

Übrigens, die Frage "Sind Sie Jude?" erinnert mich an die Notwendigkeit, den israelischen Stempel an der Grenze umzugehen - einige meiner Mitarbeiter aus der Kairoer Zeit mussten die traurige Erfahrung machen, dass sie nach einem kurzen Ausflug nach Israel nicht mehr reingelassen wurden. Sie mussten erst mal zurück in die Heimat, um einen neuen Pass ohne den verräterischen Stempel zu beantragen, und sind erst dann zurück nach Ägypten geflogen.

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Es gibt auch Menschen mit EU- Pass und Deutscher oder EU-Statsbuergerschaft, die nicht mit Esta nach Amerika reisen duerfen. Wenn jemand zum beispiel eine doppelte Statsangehoerigkeit besitzt - Deutsch oder andere EU und Iranisch - kann eigentlich auch nicht die Esta nutzen, es sei denn er/sie verschweigt es - das kann aber, denke ich, auch damit enden, dass man ploetzlich nach der Landung feststellt, dass die Beamten es sowieso wissen und man nicht rein gelassen wird. Ich bin also auch Ihrer Meinung, Aus-Sicht-einer-Frau, dass Luegen beim Ausfuellen der Esta eine seeeehr schlechte Idee ist :o)

Ich habe auch gehoert, dass wenn man gelogen hat, es sein kann dass man fuer immer ein Einreiseverbot bekommt. Dann glaube ich dass es doch vernuenftiger ist, zur Botschaft zu gehen und ein Visum brav zu beantragen - auch wenn ich diese Unbequemlichkeiten von den Sie schreiben nur bestaetigen kann (das Thema Iran betrifft aber die Familie meines Mannes, nicht mich).

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