Freitag, 4. November 2016
Eine Parallelwelt neben uns
aus-sicht-einer-frau, 15:17h
Wer glaubt, dass New York die Hauptstadt des Fortschritts, der Moderne, des Neuen ist, wird nach dieser Lektüre den Hippie-Stadteil Williamsburg in Brooklyn mit anderen Augen sehen.
Deborah Feldman schrieb über ihr Leben in einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde zunächst ein Blog und später ein Buch, das mittlerweile auch auf Deutsch erschienen ist.
Mitten in Brooklyn lebt eine große Community (geschätzt 50-100.000) der Satmar-Juden in einer faszinierenden, abgeschotteten Welt, die kein Fremder betreten kann. Die Anhänger der sehr konservativen, beinahe fundamentalistischen Glaubensrichtung sprechen Jiddisch (weil Englisch keine "saubere" Sprache ist), lesen keine englischen Bücher/Zeitungen, es herrscht eine strikte Geschlechtertrennung, Ehen werden arrangiert, und das Sexualleben ist einem komplexen System von Regeln unterworfen.
Quelle: Simon&Schuster-Verlag, simonandschuster.com
Die Kinder werden auf Jiddisch in den Privatschulen der Satmar-Community unterrichtet, natürlich Mädchen und Jungs getrennt. Ein Kind kommt auch ohne Englischkenntnisse innerhalb der Community aus, so dass Englischunterricht auf das notwendige Minimum von wenigen Stunden pro Woche beschränkt bleibt. Damit findet auch eine gewisse Zensur statt, weil Kinder nur Bücher lesen können, die auf Jiddisch übersetzt wurden. Zudem werden die Lehrbücher in der Schule tatsächlich zensiert, in dem Wörter wie z.B. "Universität" aus den Büchern in der Mädchenschule gestrichen werden. Bildung und Frauen scheinen sich in dieser Welt nicht gut zu vertragen: für Aufregung sorgte vor kurzem ein Statement der Satmar-Rabbiner, die vor den desaströsen Folgen der Bildung für junge Frauen warnten. Wer unterrichtet also in den Schulen, wenn ein College-Besuch ein no-go ist? Als Lehrerinnen für die jüngeren fungieren häufig Mädchen, die gerade die Schule mit 18 abgeschlossen haben, die älteren werden von wenigen Satmar-Jüdinnen unterrichtet, die auf ein College durften. So verhindert man, dass Mädchen Kontakt mit - Gott bewahre! - einer unabhängigen Akademikerin aufnehmen, die sie nur auf gefährliche Gedanken bringen könnte.
Deborah Feldmann hatte das Glück, ein sehr aufgewecktes Mädchen zu sein, das sich quasi selbst Englisch beibringen konnte; die restliche Emanzipation war den heimlichen Besuchen in der Bibliothek zu verdanken.
Sie gibt in ihrem Buch teilweise sehr intime Details ihres orthodoxen Lebens preis. Durch die strikte Trennung der Geschlechter entstehen kuriose und manchmal gefährliche Situationen, weil das Wissen um den eigenen Körper bei jungen Menschen bei Null liegt und Sex ein großes Tabu ist. Trotzdem wird man den Gedanken nicht los, dass sich das Leben der Community um Sex dreht. Die meisten Mädchen wissen nicht mal, dass sie eine Vagina haben, werden aber von den Lehrerinnen verdächtigt, etwas "böses" (d.h. sexuelles) getan zu haben, weil sie auf einem Sommercamp einen Nachmittag schwänzen. Die Jungs onanieren so häufig gemeinsam, dass sie irgendwann wenig Reiz an Frauen verspüren. Frauen sollen keusch sein und ihre Haare verstecken, in dem sie a) ein hässliches Tuch (sehr fromm), b) eine Perücke aus künstlichen Haaren (mäßig fromm) oder c) eine Perücke aus echten Haaren (fast schon gefallene Frau) tragen. Die Sexualität wird in das Unausgesprochene verbannt, ist aber dadurch viel präsenter als wir es aus unserem offenen, freizügigen Miteinander kennen.
Ohne das Ende verraten zu wollen... Ein sehr gutes Buch über Frauenunterdrückung, die mitten in New York niemand merkt - mehr noch: unter dem Deckmantel religiöser Toleranz wird diese gestattet.
Quelle: fancymag.com
Deborah Feldman schrieb über ihr Leben in einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde zunächst ein Blog und später ein Buch, das mittlerweile auch auf Deutsch erschienen ist.
Mitten in Brooklyn lebt eine große Community (geschätzt 50-100.000) der Satmar-Juden in einer faszinierenden, abgeschotteten Welt, die kein Fremder betreten kann. Die Anhänger der sehr konservativen, beinahe fundamentalistischen Glaubensrichtung sprechen Jiddisch (weil Englisch keine "saubere" Sprache ist), lesen keine englischen Bücher/Zeitungen, es herrscht eine strikte Geschlechtertrennung, Ehen werden arrangiert, und das Sexualleben ist einem komplexen System von Regeln unterworfen.
Quelle: Simon&Schuster-Verlag, simonandschuster.com
Die Kinder werden auf Jiddisch in den Privatschulen der Satmar-Community unterrichtet, natürlich Mädchen und Jungs getrennt. Ein Kind kommt auch ohne Englischkenntnisse innerhalb der Community aus, so dass Englischunterricht auf das notwendige Minimum von wenigen Stunden pro Woche beschränkt bleibt. Damit findet auch eine gewisse Zensur statt, weil Kinder nur Bücher lesen können, die auf Jiddisch übersetzt wurden. Zudem werden die Lehrbücher in der Schule tatsächlich zensiert, in dem Wörter wie z.B. "Universität" aus den Büchern in der Mädchenschule gestrichen werden. Bildung und Frauen scheinen sich in dieser Welt nicht gut zu vertragen: für Aufregung sorgte vor kurzem ein Statement der Satmar-Rabbiner, die vor den desaströsen Folgen der Bildung für junge Frauen warnten. Wer unterrichtet also in den Schulen, wenn ein College-Besuch ein no-go ist? Als Lehrerinnen für die jüngeren fungieren häufig Mädchen, die gerade die Schule mit 18 abgeschlossen haben, die älteren werden von wenigen Satmar-Jüdinnen unterrichtet, die auf ein College durften. So verhindert man, dass Mädchen Kontakt mit - Gott bewahre! - einer unabhängigen Akademikerin aufnehmen, die sie nur auf gefährliche Gedanken bringen könnte.
Deborah Feldmann hatte das Glück, ein sehr aufgewecktes Mädchen zu sein, das sich quasi selbst Englisch beibringen konnte; die restliche Emanzipation war den heimlichen Besuchen in der Bibliothek zu verdanken.
Sie gibt in ihrem Buch teilweise sehr intime Details ihres orthodoxen Lebens preis. Durch die strikte Trennung der Geschlechter entstehen kuriose und manchmal gefährliche Situationen, weil das Wissen um den eigenen Körper bei jungen Menschen bei Null liegt und Sex ein großes Tabu ist. Trotzdem wird man den Gedanken nicht los, dass sich das Leben der Community um Sex dreht. Die meisten Mädchen wissen nicht mal, dass sie eine Vagina haben, werden aber von den Lehrerinnen verdächtigt, etwas "böses" (d.h. sexuelles) getan zu haben, weil sie auf einem Sommercamp einen Nachmittag schwänzen. Die Jungs onanieren so häufig gemeinsam, dass sie irgendwann wenig Reiz an Frauen verspüren. Frauen sollen keusch sein und ihre Haare verstecken, in dem sie a) ein hässliches Tuch (sehr fromm), b) eine Perücke aus künstlichen Haaren (mäßig fromm) oder c) eine Perücke aus echten Haaren (fast schon gefallene Frau) tragen. Die Sexualität wird in das Unausgesprochene verbannt, ist aber dadurch viel präsenter als wir es aus unserem offenen, freizügigen Miteinander kennen.
Ohne das Ende verraten zu wollen... Ein sehr gutes Buch über Frauenunterdrückung, die mitten in New York niemand merkt - mehr noch: unter dem Deckmantel religiöser Toleranz wird diese gestattet.
Quelle: fancymag.com
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sephora,
Freitag, 4. November 2016, 21:51
Ich bin nicht sicher, ob
diese Gruppe mit der Satmar verbunden ist, aber ich kenne eine Frau, deren Schwester einen orthodoxen Juden hier in Deutschland geheiratet hat. Es ist ein ganz anderer Lebensstil, viele haben 5-6 Kinder, die Maenner studieren die Tora den ganzen Tag und gehen daher nicht arbeiten, interessanterweise arbeitet die Ehefrau in dieser Familie (weiss nicht, ob es generell so ist). Der Ehemann gibt fremden Frauen nicht die Hand, und es gibt auch eine Regel, dass Frauen waehrend der Menstruation unrein sind.
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behrens,
Freitag, 4. November 2016, 22:22
Ich frage mich oft, was Menschen dazu bewegt, ihren Glauben so zu leben, dass es für jeden Bereich eine Unmenge an Regeln, Vorschriften und Geboten gibt. Ist das Angst davor, irgendetwas selbst zu entscheiden und somit auch selbstverantwortlich leben zu müssen? Solange jemand diesen Weg aus eigenem Wunsch beschreitet, kann man vielleicht noch von einer individuellen Entscheidung sprechen, die jeder selbst fällen muss. Schwierig wird es dann, wenn Kinder dies mitmachen müssen, ohne dabei noch irgendeine Wahlmöglichkeit zu haben.
Ich erinnere mich an eine Dokumentation auf ARTE, in der es um Sexualität in den verschiedenen Religionen ging. Dabei kam auch eine jüdische Frau zu Wort, die über ihre Probleme mit der Menstruation sprach. Sie litt unter Schmierblutungen und da Sex während der Menstruation verboten ist (wie in vielen anderen Religionen auch) durften sie und ihr Mann so gut wie keinen Sex haben. Beide litten darunter und konsultieren einen Rabbi. Und dann schilderte die Frau, dass ihr eine genaue Richtlinie genannt wurde, die aus der Größe des Blutflecks bestand, das heißt, dass sie bis zu einem bestimmten Durchmesser des Blutflecks als unrein galt und erst wenn der Fleck kleiner war, durfte das Paar miteinander schlafen.
Da rechnen also Männer pedantisch und akribisch aus, ab welcher Blutmenge eine Frau als unrein gilt. Und obwohl die beiden noch jungen Ehepartner sehr unter der Situaton litten, fast nie miteinander schlafen zu dürfen, wollten sie das Gebot auf keinen Fall brechen.
Ich erinnere mich an eine Dokumentation auf ARTE, in der es um Sexualität in den verschiedenen Religionen ging. Dabei kam auch eine jüdische Frau zu Wort, die über ihre Probleme mit der Menstruation sprach. Sie litt unter Schmierblutungen und da Sex während der Menstruation verboten ist (wie in vielen anderen Religionen auch) durften sie und ihr Mann so gut wie keinen Sex haben. Beide litten darunter und konsultieren einen Rabbi. Und dann schilderte die Frau, dass ihr eine genaue Richtlinie genannt wurde, die aus der Größe des Blutflecks bestand, das heißt, dass sie bis zu einem bestimmten Durchmesser des Blutflecks als unrein galt und erst wenn der Fleck kleiner war, durfte das Paar miteinander schlafen.
Da rechnen also Männer pedantisch und akribisch aus, ab welcher Blutmenge eine Frau als unrein gilt. Und obwohl die beiden noch jungen Ehepartner sehr unter der Situaton litten, fast nie miteinander schlafen zu dürfen, wollten sie das Gebot auf keinen Fall brechen.
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c. fabry,
Freitag, 4. November 2016, 23:25
Noch ein toller Roman dazu
Es gibt dazu noch ein gutes Buch: "Die Hochzeit der Chani Kaufmann" von Eve Harris über eine jüdisch-orthodoxe Community in London. Da geht es um die gleichen Surrilitäten, man ist befremdet aber beginnt beim Lesen zu verstehen, wie es sich anfühlen könnte, zu so einer Gemeinschaft zu gehören, auch mit den positiven Aspekten. Ich fand das Buch total faszinierend, weil es nicht so schwarz-weißmalerisch ist, aber auch nichts beschönigt.
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aus-sicht-einer-frau,
Samstag, 5. November 2016, 13:39
Meine Bücherliste wird immer länger :-)
Danke für den Tipp, Frau Fabry!
Es wäre interessant zu wissen, ob sich die orthodoxen Gruppierungen in allen Ländern genauso gut abschotten können - offensichtlich geht es in den Staaten prima, weil es möglich ist, in einer Privatschule ausgeprägte Zensur zu betreiben und den Kindern die englische Sprache vorzuenthalten. Da wäre ein bisschen mehr staatliche Aufsicht in diesen Schulen durchaus wünschenswert!
Es wäre interessant zu wissen, ob sich die orthodoxen Gruppierungen in allen Ländern genauso gut abschotten können - offensichtlich geht es in den Staaten prima, weil es möglich ist, in einer Privatschule ausgeprägte Zensur zu betreiben und den Kindern die englische Sprache vorzuenthalten. Da wäre ein bisschen mehr staatliche Aufsicht in diesen Schulen durchaus wünschenswert!
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birgitdiestarke,
Samstag, 5. November 2016, 01:15
"beinahe fundamentalistisch"
ist wohl die Untertreibung des Tages.
Wenn Leute meinen, dass sie mit befolgen von irgendwelchen aufgestellten Regeln die Verantwortung ihres Tuns umgehen, dann werden sie sich am Ende ihres Lebens schwer umgucken. Jeder von uns wird für seine Taten zur Rechenschaft gezogen.
Wenn Leute meinen, dass sie mit befolgen von irgendwelchen aufgestellten Regeln die Verantwortung ihres Tuns umgehen, dann werden sie sich am Ende ihres Lebens schwer umgucken. Jeder von uns wird für seine Taten zur Rechenschaft gezogen.
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aus-sicht-einer-frau,
Samstag, 5. November 2016, 13:33
Ja, die Obsession mit der weiblichen Physiologie
scheint typisch für die ultrakonservativen Richtungen zu sein, und beschränkt sich nicht auf die Orthodoxen Juden.
@Frau Behrens: Ich kann das persönlich nicht verstehen... Es wäre doch so einfach zu schummeln und die Blutflecken zu ignorieren... Niemand überprüft es schließlich. Vielleicht ist das eigene Bewusstsein, dass man eine Sünde begeht, so gewaltig, und die damit verbundene Angst so groß, dass man sich dem ordnen muss? Diese Kinder werden meistens in einem absoluten Gehorsam erzogen, und es wird viel mit den Schuldgefühlen gespielt. Als Frauenärztin würde ich übrigens der armen frischverheirateten zumindest ein Pille verschreiben, damit sie keine Schmieblutungen hat ;-)
Bei der Satmar-Sekte (die Community wird tatsächlich offiziell auf Wikipedia auf Englisch und Deutsch als Sekte bezeichnet) geht es so weit, dass eine verheiratete Frau nach Ende ihrer Regelblutung zwei Mal am Tag einen Tupfer in die Scheide einführt, und erst wenn sie vierzehn saubere Tupfer gesammelt hat (also 7 blutungsfreie Tage vergangen sind), darf sie nach einer rituellen Waschung mit ihrem Mann wieder schlafen. Das ist tatsächlich im alten Testament verankert. Ich erinnere mich noch, dass ich über diese Stelle in der Bibel gestolpert bin, und dachte, dass es durchaus einen Zweck erfüllt: wenn die Regelblutung ca. 5 Tage dauert und danach noch 7 Tage abgewartet werden müssen, kann der Sex erst am Tag 13 wieder aufgenommen werden. Das sind die fruchtbarsten Tage des Zyklus, die somit voll genutzt werden. In einer monogamen Beziehung mag es sinnlos sein, aber bei einer Mehrehe erhöht sich damit die Wahrscheinlichkeit, in einer kurzen Zeit möglichst viele Kinder zu zeugen, weil der Mann keine Zeit für gerade unfruchtbare Ehefrau "verschwendet". Ganz schön schlau, die Kerle, die es geschrieben haben!
Bei den Satmar geht es sogar so weit, dass Mädchen kurz vor der Hochzeit Pille bekommen, damit die rituelle Waschung und die Hochzeitsnacht getaktet werden.
@Frau Behrens: Ich kann das persönlich nicht verstehen... Es wäre doch so einfach zu schummeln und die Blutflecken zu ignorieren... Niemand überprüft es schließlich. Vielleicht ist das eigene Bewusstsein, dass man eine Sünde begeht, so gewaltig, und die damit verbundene Angst so groß, dass man sich dem ordnen muss? Diese Kinder werden meistens in einem absoluten Gehorsam erzogen, und es wird viel mit den Schuldgefühlen gespielt. Als Frauenärztin würde ich übrigens der armen frischverheirateten zumindest ein Pille verschreiben, damit sie keine Schmieblutungen hat ;-)
Bei der Satmar-Sekte (die Community wird tatsächlich offiziell auf Wikipedia auf Englisch und Deutsch als Sekte bezeichnet) geht es so weit, dass eine verheiratete Frau nach Ende ihrer Regelblutung zwei Mal am Tag einen Tupfer in die Scheide einführt, und erst wenn sie vierzehn saubere Tupfer gesammelt hat (also 7 blutungsfreie Tage vergangen sind), darf sie nach einer rituellen Waschung mit ihrem Mann wieder schlafen. Das ist tatsächlich im alten Testament verankert. Ich erinnere mich noch, dass ich über diese Stelle in der Bibel gestolpert bin, und dachte, dass es durchaus einen Zweck erfüllt: wenn die Regelblutung ca. 5 Tage dauert und danach noch 7 Tage abgewartet werden müssen, kann der Sex erst am Tag 13 wieder aufgenommen werden. Das sind die fruchtbarsten Tage des Zyklus, die somit voll genutzt werden. In einer monogamen Beziehung mag es sinnlos sein, aber bei einer Mehrehe erhöht sich damit die Wahrscheinlichkeit, in einer kurzen Zeit möglichst viele Kinder zu zeugen, weil der Mann keine Zeit für gerade unfruchtbare Ehefrau "verschwendet". Ganz schön schlau, die Kerle, die es geschrieben haben!
Bei den Satmar geht es sogar so weit, dass Mädchen kurz vor der Hochzeit Pille bekommen, damit die rituelle Waschung und die Hochzeitsnacht getaktet werden.
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behrens,
Samstag, 5. November 2016, 20:42
Das mit dem „Schummeln“ ist so eine Sache, denn jemand, der an etwas glaubt – sei es in religiöser oder in politischer Hinsicht – wird er im Schummeln keine wirkliche Lösung sehen. Ein Hindu isst nicht heimlich Rindfleisch, ein Muslim isst nicht heimlich Schweinefleisch, auch wenn dies noch so verlockend angerichtet und der Hunger noch so groß ist. Bei einer Überzeugung geht es um eine Vorstellung davon, was richtig und was falsch ist und nicht darum, ob jemand das dementsprechende Handeln mitbekommt oder nicht.
Ich bin der Ansicht, dass wirklicher Glaube auch die freie Entscheidung beinhaltet, ob jedes ihm zugehörige Gebot und Verbot zwingend akzeptiert werden muss. Religiöse Bücher wurden von Menschen geschrieben und Menschen können irren. Wenn Paulus im Neuen Testament schreibt, die Frau hätte in der Gemeinde zu schweigen, dann haben Frauen trotzdem die Wahlmöglichkeit, ob sie dies akzeptieren wollen oder nicht und dabei sind sie nicht weniger gläubig, wenn sie es ablehnen. Die Einhaltung ethischer Prinzipien sollte das Fundament eines Glaubens bilden und nicht die Einhaltung von Unmengen von Regeln, die ausnahmslos jeden Bereich des Lebens in pedantische und oftmals lebensfeindliche Vorschriften zwängen.
Ich bin der Ansicht, dass wirklicher Glaube auch die freie Entscheidung beinhaltet, ob jedes ihm zugehörige Gebot und Verbot zwingend akzeptiert werden muss. Religiöse Bücher wurden von Menschen geschrieben und Menschen können irren. Wenn Paulus im Neuen Testament schreibt, die Frau hätte in der Gemeinde zu schweigen, dann haben Frauen trotzdem die Wahlmöglichkeit, ob sie dies akzeptieren wollen oder nicht und dabei sind sie nicht weniger gläubig, wenn sie es ablehnen. Die Einhaltung ethischer Prinzipien sollte das Fundament eines Glaubens bilden und nicht die Einhaltung von Unmengen von Regeln, die ausnahmslos jeden Bereich des Lebens in pedantische und oftmals lebensfeindliche Vorschriften zwängen.
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aus-sicht-einer-frau,
Samstag, 5. November 2016, 22:21
Ja, ich glaube auch, dass jemand der stark an etwas glaubt, zumindest versuchen wird, alle Regeln zu befolgen. Ich denke aber, dass der Mensch irgendwann das Bedürfnis entwickelt zu verstehen, was hinter den Regeln steht, d.h. irgendwann stellt sich die Frage WARUM. In einer Gesellschaft, die es erlaubt, das heilige Buch im geschichtlichen Kontext zu sehen, und auch die Möglichkeit zulässt, dass es von Menschen geschrieben wurde, kann jeder für sich entscheiden, ob die Verbote bzgl. der Sexualität oder das Kopftuch/Perückentragen befolgt werden oder nicht. Und einem weniger aufgeklärten Menschen, der nur den Anschein der Religiosität bewahren, aber sich mit dem Thema gar nicht groß auseinandersetzen möchte, bleibt das "Schummeln".
Ps. Ich habe in den Kommentaren zu einem anderen Thema gefragt, ob Herr Y. sich von einer Ärztin behandeln lassen würde :-)
Ps. Ich habe in den Kommentaren zu einem anderen Thema gefragt, ob Herr Y. sich von einer Ärztin behandeln lassen würde :-)
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behrens,
Samstag, 5. November 2016, 22:50
Ja, Herr Y. würde sich von einer Ärztin behandeln lassen, weil es dafür im Islam ausdrücklich eine Ausnahme gibt. Wir haben in Hamburg-Wilhelmsburg ein (christliches) Krankenhaus, in dem seit einiger Zeit auch muslimische Seelsorge gibt, da in Wilhelmsburg mindestens genauso viel Muslime wie Nicht-Muslime leben. Und bei einer Vorstellung dieses Angebots in einer Fernsehdokumentation wurde auch erwähnt, dass die muslimischen Seelsorger die Patienten unter anderem auch darüber aufklären, dass es bei Krankheit Ausnahmen gibt (auch für Krankenschwestern, Masseurinnen etc.). Ich finde dies einerseits gut, aber andererseits denke ich natürlich auch, dass diese Entscheidung sehr wohl auch allein aufgrund des gesunden Menschenverstands gefällt werden könnte. Herr Y. war übrigens früher auch mit einer Nichtmuslimin verheiratet. Seine starke Hinwendung zum Glauben kam erst nach der Scheidung. Bei Herrn Y. drückt sich der Fundamentalismus überhaupt nicht in Gewaltbereitschaft, Abfälligkeit oder Arroganz gegenüber Andersdenkenden aus, sondern eher in einer wahren Flut von Regeln und Geboten, deren Einhaltung für ihn außerordentlich wichtig sind. Er ist ein sehr verzweifelter und kranker Mensch, ich würde ihm sehr gern helfen, aber gerade bei ihm mache ich die Erfahrung, dass sein Glaube ihn auch sehr isoliert. Übrigens nicht nur in Bezug auf Deutsche, es gibt auch viele Muslime, die das nicht nachvollziehen können, wie zum Beispiel auch ein muslimischer Freund von uns, der darauf mit Kopfschütteln reagiert (er nimmt mich zur Begrüßung genauso in den Arm wie meinen Lebensgefährten).
Sie haben sicher auch schon von den Jungfernhäutchen gehört, die man im Internet für 50,00 € bestellen kann. Mich würde sehr interessieren, wie Sie als Frauenärztin dazu stehen, dass schon seit einigen Jahren in Deutschland auch Operationen für die „Reparatur“ des Jungfernhäutchens angeboten werden? Ist das nun richtig, weil man damit den jungen Frauen hilft oder ist das ein Schritt hin zur Akzeptanz der Tatsache, dass eine Frau bei der Eheschließung Jungfrau sein muss? Ich bin da hin- und hergerissen.
Sie haben sicher auch schon von den Jungfernhäutchen gehört, die man im Internet für 50,00 € bestellen kann. Mich würde sehr interessieren, wie Sie als Frauenärztin dazu stehen, dass schon seit einigen Jahren in Deutschland auch Operationen für die „Reparatur“ des Jungfernhäutchens angeboten werden? Ist das nun richtig, weil man damit den jungen Frauen hilft oder ist das ein Schritt hin zur Akzeptanz der Tatsache, dass eine Frau bei der Eheschließung Jungfrau sein muss? Ich bin da hin- und hergerissen.
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aus-sicht-einer-frau,
Sonntag, 6. November 2016, 00:09
Muslimische Seelsorge, das ist ein tolles Angebot!
So wie Sie schildern, lebt Herr Y. ein bisschen wie die ultraorthodoxen Juden - er schadet niemandem, ist nicht gewalttätig, sein Fundamentalismus hat keine aggressive Komponente und drückt sich in einer Abschottung aus. Natürlich wenn er Kinder hätte und ihnen diese strengen Regeln auferlegen würde, würden sie in einer Unterdrückung aufwachsen, aber so lange er alleine ist, schadet er vor allem sich selbst.
Ein bisschen Unbehagen verspüre ich bei der Vorstellung, dass ich als Ärztin die einzige Frau sein könnte, die Herrn Y. überhaupt berührt. Wenn ein Mann in jeder Sekunde seines Lebens darauf achten muss, jeglichen Hautkontakt mit einer Frau zu vermeiden, und dann wird er von einer - mit Gottes Erlaubnis - angefasst, wird dieser Moment automatisch "sexualisiert", oder?
Bei den Hymenrekonstruktionen bin ich selbst zwiegespalten. Früher war ich konsequent dagegen, unter der Vorstellung dass solche Operationen nur dazu führen, dass ein patriarchalisches System mit seinen mittelalterlichen Vorstellungen unverändert bleibt. Zudem dachte ich, dass - wenn eine Operation nicht durchgeführt wird - sich vielleicht die jungen Frauen trauen, den Eltern zu sagen, dass sie keine Jungfrauen mehr sind, und dadurch die Familien ein bisschen liberaler werden und vielleicht die Möglichkeit zulassen, dass eine Frau ihre Sexualität ausleben kann und trotzdem als ehrenhafte Frau in die Ehe geht. Ich glaube, dass es eher mein Wunschdenken war. Heute kann ich die Ärzte besser verstehen, die diese Eingriffe machen (ich mache sie selbst nicht, vermittle aber manchmal den Kontakt), und ich weiß auch, dass die Gynäkologen, die diese OPs z.B. im Rahmen einer Zusammenarbeit mit Frauenorganisationen anbieten, auch ihre Zweifel haben. Die Mädchen, die sich diese Operation wünschen, sind häufig so verzweifelt, dass ich manchmal denke, dass der Eingriff auch mal einen Ehrenmord verhindern kann.
Was mich wirklich verblüfft, ist die Beobachtung, dass der Jungfrauenwahn nicht auf "einfachere" oder sehr religiöse Mädchen begrenzt ist; ich habe darüber hier geschrieben: https://aussichteinerfrau.blogger.de/stories/2607770/
Aber auch türkisch/arabischstämmige Studentinnen, die sonst einen sehr offenen, modernen Eindruck machen, haben erhebliche Probleme mit der gynäkologischen Untersuchung, weil sie Angst um das Hymen haben; auch wenn sie natürlich auf der intelektuellen Ebene wissen, dass das Jungfrausein mehr als das Jungfernhäutchen ist.
So wie Sie schildern, lebt Herr Y. ein bisschen wie die ultraorthodoxen Juden - er schadet niemandem, ist nicht gewalttätig, sein Fundamentalismus hat keine aggressive Komponente und drückt sich in einer Abschottung aus. Natürlich wenn er Kinder hätte und ihnen diese strengen Regeln auferlegen würde, würden sie in einer Unterdrückung aufwachsen, aber so lange er alleine ist, schadet er vor allem sich selbst.
Ein bisschen Unbehagen verspüre ich bei der Vorstellung, dass ich als Ärztin die einzige Frau sein könnte, die Herrn Y. überhaupt berührt. Wenn ein Mann in jeder Sekunde seines Lebens darauf achten muss, jeglichen Hautkontakt mit einer Frau zu vermeiden, und dann wird er von einer - mit Gottes Erlaubnis - angefasst, wird dieser Moment automatisch "sexualisiert", oder?
Bei den Hymenrekonstruktionen bin ich selbst zwiegespalten. Früher war ich konsequent dagegen, unter der Vorstellung dass solche Operationen nur dazu führen, dass ein patriarchalisches System mit seinen mittelalterlichen Vorstellungen unverändert bleibt. Zudem dachte ich, dass - wenn eine Operation nicht durchgeführt wird - sich vielleicht die jungen Frauen trauen, den Eltern zu sagen, dass sie keine Jungfrauen mehr sind, und dadurch die Familien ein bisschen liberaler werden und vielleicht die Möglichkeit zulassen, dass eine Frau ihre Sexualität ausleben kann und trotzdem als ehrenhafte Frau in die Ehe geht. Ich glaube, dass es eher mein Wunschdenken war. Heute kann ich die Ärzte besser verstehen, die diese Eingriffe machen (ich mache sie selbst nicht, vermittle aber manchmal den Kontakt), und ich weiß auch, dass die Gynäkologen, die diese OPs z.B. im Rahmen einer Zusammenarbeit mit Frauenorganisationen anbieten, auch ihre Zweifel haben. Die Mädchen, die sich diese Operation wünschen, sind häufig so verzweifelt, dass ich manchmal denke, dass der Eingriff auch mal einen Ehrenmord verhindern kann.
Was mich wirklich verblüfft, ist die Beobachtung, dass der Jungfrauenwahn nicht auf "einfachere" oder sehr religiöse Mädchen begrenzt ist; ich habe darüber hier geschrieben: https://aussichteinerfrau.blogger.de/stories/2607770/
Aber auch türkisch/arabischstämmige Studentinnen, die sonst einen sehr offenen, modernen Eindruck machen, haben erhebliche Probleme mit der gynäkologischen Untersuchung, weil sie Angst um das Hymen haben; auch wenn sie natürlich auf der intelektuellen Ebene wissen, dass das Jungfrausein mehr als das Jungfernhäutchen ist.
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behrens,
Sonntag, 6. November 2016, 12:32
Ich habe mir auch darüber Gedanken gemacht, warum sich an dem rigorosen und unerschütterlichen Festhalten an der Vorschrift der Jungfräulichkeit bei der Eheschließung nichts ändert. Man darf nicht vergessen, dass es auch in Deutschland noch bis in die späten 60er Jahre hinein das Ideal der Entjungferung in der Hochzeitsnacht gab. Wobei es zumindest in Nordeuropa nie die Rigorosität wie im Islam gab. Man sprach davon, dass ein Paar „heiraten musste“, was auch immer Anlass zu viel Tratsch gab. Meine Eltern „mussten“ auch heiraten, aber als dann die Hochzeit anstand, hat es niemanden mehr interessiert, dass das Kind schon vor der Ehe gezeugt wurde. Der Begriff „Ehre“ war damals auch im Spiel, allerdings gab es keine Ehrenmorde, sondern es wurde als eine moralische Verpflichtung des Mannes angesehen, die von ihm geschwängerte Frau auch zu heiraten, damit sie nicht „entehrt“ war. Der Mann wurde also in die Verantwortung mit einbezogen und die „Schuld“ nicht nur bei der Frau gesehen.
Ich habe mir hier und hier Gedanken darüber gemacht, was die Gründe für die enorme Wichtigkeit der Jungfräulichkeit und in dem Zusammenhang auch der Beschneidung des Mannes sein könnten. Warum steht bei einer religiösen Überzeugung die Geschlechtlichkeit so enorm im Vordergrund? Vielleicht spielt es eine große Rolle, dass nach muslimischer Überzeugung für einen männlichen Muslim der Bund mit Gott erst durch die Beschneidung geschlossen wird und für eine muslimische Frau erst durch die Defloration der Bund mit dem Ehemann.
Mich würde wirklich sehr interessieren, was Sie über meine Gedanken denken. Das Thema Beschneidung kann übrigens in Ehen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen einen großen Konflikt darstellen, wir hatten eine Bekannte, die sich unbedingt eine Tochter gewünscht hatte, weil sie den Gedanken an eine Beschneidung eines Sohnes nicht ertragen konnte. Sie bekam dann doch einen Sohn und hatte große Angst vor der anstehenden Auseinandersetzung mit ihrem Mann, für den dieses Thema nicht diskutierbar war.
Ich habe mir hier und hier Gedanken darüber gemacht, was die Gründe für die enorme Wichtigkeit der Jungfräulichkeit und in dem Zusammenhang auch der Beschneidung des Mannes sein könnten. Warum steht bei einer religiösen Überzeugung die Geschlechtlichkeit so enorm im Vordergrund? Vielleicht spielt es eine große Rolle, dass nach muslimischer Überzeugung für einen männlichen Muslim der Bund mit Gott erst durch die Beschneidung geschlossen wird und für eine muslimische Frau erst durch die Defloration der Bund mit dem Ehemann.
Mich würde wirklich sehr interessieren, was Sie über meine Gedanken denken. Das Thema Beschneidung kann übrigens in Ehen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen einen großen Konflikt darstellen, wir hatten eine Bekannte, die sich unbedingt eine Tochter gewünscht hatte, weil sie den Gedanken an eine Beschneidung eines Sohnes nicht ertragen konnte. Sie bekam dann doch einen Sohn und hatte große Angst vor der anstehenden Auseinandersetzung mit ihrem Mann, für den dieses Thema nicht diskutierbar war.
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aus-sicht-einer-frau,
Sonntag, 6. November 2016, 18:46
Jetzt sind wir bei den Männerrechten angekommen :-)
habe Ihnen auf Ihrem Blog geantwortet!
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annekerrr,
Sonntag, 6. November 2016, 20:51
wie finde ich den beitrag über die beschneidung?
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rusalka,
Mittwoch, 9. November 2016, 17:16
Habe vor einiger Zeit einen Artikel über das Buch Frau Feldmann gelesen. Sie war ein Jahr mit einem christlichen Bayern verheiratet gewesen, was natürlich nicht gut ging, gut gehen konnte. Von einem Extrem ins andere ... Dabei erinnerte ich mich an folgende Begebenheit:
Vor rund zwanzig Jahren war ich in Israel, wo wir gemeinsam mit vier jüdischen Ehepaaren, aus Sao Paulo, einen Ausflug mit einem Kleinbus unternahmen. Kleine Geschichte am Rande:
Ein Ehepaar erzählte, dass ihr ältester Sohn bei einem Unfall ums Leben gekommen sei. Zwei weitere Ehepaare sagten daraufhin, dass ihre ältesten Söhne ebenfalls durch Unfälle ums Leben gekommen seien.
Nur Georg und Ellen, die Hamburg mit dem letzten Schiff 1939 verlassen hatten, vor Kuba herumirrten bis sie endlich von Brasilien aufgenommen worden waren (es war nicht die St. Louis, da sie nicht auf der noch heute einsehbaren Passagierliste stehen ) schwiegen.
Erst am Abend, als wir allein waren, erzählten sie, dass auch ihr Sohn verstorben sei. Circonstances très bizarre.
Sie luden mich ein nach Brasilien zu kommen. Tochter und Schwiegersohn seien Kardiologen, eine andere Tochter Architektin. Georg hatte nach dem Krieg Arbeit als Versicherungsvertreter gefunden.
Etliche Jahre später flog ich nach Sao Paulo. (Nach 5 Jahren Krieg, benötigte ich, mal wieder, dringend Erholung.)
Dort lernte ich Ruben und Miriam kennen. Kinder einer der anderen Familien, die mit uns im Bus gewesen waren. Ruben, Biologe, hatte ein Rainforest Projekt ins Leben gerufen, um den Indigenen mit ihrem Wissen um Heilpflanzen ein Auskommen zu sichern und somit ein Stück Regenwald und Lebensraum zu erhalten. Hierfür hatte er mit der Pharmaindustrie Kontakt aufgenommen, die stets nach neuen Molekülen sucht. (Besonders gern z.Zt. in Norwegen "wo das maritime Potential riesig" sei.)
Miriam ist Psychologin. Traumaspezialistin. Sie wird immer dann gerufen, wenn nach starken Regenfällen wieder mal eine Favela abrutscht und der Schlamm Häuser und Lebewesen unter sich begräbt.
Miriam hat flammendrotes Haar. Ihr Temperament, intellektuell gedämpft, aber nichts desto trotz: flamboyant !
Sie hatte oberflächliche Bekannte in Antwerpen. Ich noch alte Freunde dort. So setzten wir uns beim Gegenbesuch ins Auto und fuhren in die Stadt der orthodoxen Juden und Diamantenschleifereien.
Tage später trafen wir uns wieder. Sie war sichtlich geschockt. "Ich habe gedacht, ich bin Jude, die sind Juden, also sag' ich denen mal freundlich "Guten Tag". Sie hätten sie behandelt wie einen Untermenschen. Also, sowas... Also, sowas... Also, sowas... Sagte sie alle paar Minuten.
Man müsse als Jude schon sehr reich sein, um all die Vorschriften beachten zu können, fügte sie hinzu.
"Wir Juden, in Brasilien, sind ganz anders."
Auch Georg und Ellen, in Israel, meinten sich nicht an die Zustände und die geistige Enge dort gewöhnen zu können.
Unser jüdischer Reiseführer in Israel schimpfte wie ein Rohrspatz sobald wir in die Nähe der ultraorthodoxen Stadtteile kamen: "Zum Militär bräuchten sie nicht, arbeiten auch nicht, denn sie hätten ja irgendeinen reichen Verwandten in Antwerpen, Zürich, Johannesburg oder den USA.
Massenpsychose.
Lesenswerter Artikel eines Rabbiners
http://www.vice.com/de/read/kindesmissbrauch-unter-ultra-orthodoxen-0000608-v9n11
Vor rund zwanzig Jahren war ich in Israel, wo wir gemeinsam mit vier jüdischen Ehepaaren, aus Sao Paulo, einen Ausflug mit einem Kleinbus unternahmen. Kleine Geschichte am Rande:
Ein Ehepaar erzählte, dass ihr ältester Sohn bei einem Unfall ums Leben gekommen sei. Zwei weitere Ehepaare sagten daraufhin, dass ihre ältesten Söhne ebenfalls durch Unfälle ums Leben gekommen seien.
Nur Georg und Ellen, die Hamburg mit dem letzten Schiff 1939 verlassen hatten, vor Kuba herumirrten bis sie endlich von Brasilien aufgenommen worden waren (es war nicht die St. Louis, da sie nicht auf der noch heute einsehbaren Passagierliste stehen ) schwiegen.
Erst am Abend, als wir allein waren, erzählten sie, dass auch ihr Sohn verstorben sei. Circonstances très bizarre.
Sie luden mich ein nach Brasilien zu kommen. Tochter und Schwiegersohn seien Kardiologen, eine andere Tochter Architektin. Georg hatte nach dem Krieg Arbeit als Versicherungsvertreter gefunden.
Etliche Jahre später flog ich nach Sao Paulo. (Nach 5 Jahren Krieg, benötigte ich, mal wieder, dringend Erholung.)
Dort lernte ich Ruben und Miriam kennen. Kinder einer der anderen Familien, die mit uns im Bus gewesen waren. Ruben, Biologe, hatte ein Rainforest Projekt ins Leben gerufen, um den Indigenen mit ihrem Wissen um Heilpflanzen ein Auskommen zu sichern und somit ein Stück Regenwald und Lebensraum zu erhalten. Hierfür hatte er mit der Pharmaindustrie Kontakt aufgenommen, die stets nach neuen Molekülen sucht. (Besonders gern z.Zt. in Norwegen "wo das maritime Potential riesig" sei.)
Miriam ist Psychologin. Traumaspezialistin. Sie wird immer dann gerufen, wenn nach starken Regenfällen wieder mal eine Favela abrutscht und der Schlamm Häuser und Lebewesen unter sich begräbt.
Miriam hat flammendrotes Haar. Ihr Temperament, intellektuell gedämpft, aber nichts desto trotz: flamboyant !
Sie hatte oberflächliche Bekannte in Antwerpen. Ich noch alte Freunde dort. So setzten wir uns beim Gegenbesuch ins Auto und fuhren in die Stadt der orthodoxen Juden und Diamantenschleifereien.
Tage später trafen wir uns wieder. Sie war sichtlich geschockt. "Ich habe gedacht, ich bin Jude, die sind Juden, also sag' ich denen mal freundlich "Guten Tag". Sie hätten sie behandelt wie einen Untermenschen. Also, sowas... Also, sowas... Also, sowas... Sagte sie alle paar Minuten.
Man müsse als Jude schon sehr reich sein, um all die Vorschriften beachten zu können, fügte sie hinzu.
"Wir Juden, in Brasilien, sind ganz anders."
Auch Georg und Ellen, in Israel, meinten sich nicht an die Zustände und die geistige Enge dort gewöhnen zu können.
Unser jüdischer Reiseführer in Israel schimpfte wie ein Rohrspatz sobald wir in die Nähe der ultraorthodoxen Stadtteile kamen: "Zum Militär bräuchten sie nicht, arbeiten auch nicht, denn sie hätten ja irgendeinen reichen Verwandten in Antwerpen, Zürich, Johannesburg oder den USA.
Massenpsychose.
Lesenswerter Artikel eines Rabbiners
http://www.vice.com/de/read/kindesmissbrauch-unter-ultra-orthodoxen-0000608-v9n11
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aus-sicht-einer-frau,
Mittwoch, 9. November 2016, 23:20
Unglaubliche Zufälle... Man fragt sich wirklich, wie es möglich ist!
Den Artikel über den Kindesmissbrauch fand ich schockierend. Die Kontrolle muss in diesen Communities wirklich absolut sein, wenn niemand mehr mit dem "Whistleblower" spricht und er nirgenwo mehr willkommen ist. Im Buch "Unorthodox" schrieb Frau Feldmann nur kurz über einen Kindesmissbrauch in den Frauenbädern (Mädchen werden nach dem rituellen Bad von einer Frau auf Reinheit untersucht - meistens eigentlich nur symbolisch).
Den Artikel über den Kindesmissbrauch fand ich schockierend. Die Kontrolle muss in diesen Communities wirklich absolut sein, wenn niemand mehr mit dem "Whistleblower" spricht und er nirgenwo mehr willkommen ist. Im Buch "Unorthodox" schrieb Frau Feldmann nur kurz über einen Kindesmissbrauch in den Frauenbädern (Mädchen werden nach dem rituellen Bad von einer Frau auf Reinheit untersucht - meistens eigentlich nur symbolisch).
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